1,9 Millionen Menschen. 21.000 Organisationen. Ein System, das ohne freiwilliges Engagement nicht funktionieren würde.
Diese eindrucksvollen Zahlen aus der neuen ZiviZ-Sonderauswertung „Engagement im Ernstfall“ belegen, was viele von uns in Einsatzlagen längst wissen: Der Bevölkerungsschutz in Deutschland ruht auf den Schultern der Ehrenamtlichen.
Wer engagiert sich – und warum?
Der klassische Weg ins Ehrenamt verläuft über persönliche Kontakte: Freunde, Familie oder Vereinsmitglieder werben neue Mitstreitende. Motive wie „anderen helfen“, „Gemeinwohl fördern“ und „Freude an der Tätigkeit“ dominieren – ein Bild, das mit Idealismus, aber auch mit hoher Belastung einhergeht. Denn: Über ein Drittel der Freiwilligen im Bevölkerungsschutz engagieren sich mehrmals pro Woche, viele investieren mehr als fünf Stunden wöchentlich.
Auffällig ist: Der Bevölkerungsschutz zieht überdurchschnittlich viele junge Menschen an – 33 Prozent sind unter 30. Gleichzeitig bleibt die Gruppe der über 65-Jährigen mit nur fünf Prozent gering vertreten. Auch kulturelle Diversität ist ein Schwachpunkt: 97 Prozent der Engagierten besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit.
Organisationen zwischen Tradition und Transformation
Zivilgesellschaftliche Organisationen im Bevölkerungsschutz – von Feuerwehr-Fördervereinen bis hin zu operativ tätigen Hilfsorganisationen – sind lokal verwurzelt und oft traditionsreich. Die Zahl der Vereine wächst, nicht zuletzt durch gesetzliche Änderungen wie das BFH-Urteil von 1996, das die Trennung von kommunalen Haushalten und Vereinsfinanzen forderte. Besonders in Thüringen, Bayern und Rheinland-Pfalz ist die Dichte an Bevölkerungsschutzvereinen hoch.
Trotz positiver Mitgliederentwicklungen seit 2017 berichten viele Organisationen von Nachwuchsproblemen – insbesondere bei Engagierten unter 30 und in ehrenamtlichen Leitungsfunktionen.
Wo es hakt: Rahmenbedingungen für das Ehrenamt
Die Studie zeigt deutlich: Das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz braucht bessere Rahmenbedingungen. Engagierte fordern vor allem:
- bessere Vereinbarkeit mit Beruf und Familie,
- mehr Weiterbildungsmöglichkeiten,
- unbürokratische Kostenerstattungen,
- steuerliche Vorteile und
- Anerkennung als berufliches Praktikum oder Weiterbildung.
67 Prozent erhalten bereits Unterstützung durch ihre Arbeitgeber – ein vergleichsweise hoher Wert. Doch der Wunsch nach mehr staatlicher Anerkennung bleibt.
„Ohne das Ehrenamt im Bevölkerungsschutz wäre unser Land im Krisenfall nicht handlungsfähig. Die Ergebnisse der neuen Studie zeigen: Wir müssen gemeinsam alles dafür tun, diese tragende Säule zu sichern und zu stärken.“
Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
Ehrenamt stärken heißt Resilienz stärken
Das Ehrenamt im Zivil- und Katastrophenschutz ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist eine strategische Ressource – für die Gesellschaft, für den Staat, für jeden Einzelnen. Angesichts steigender Herausforderungen durch Extremwetter, gesellschaftliche Polarisierung und demografischen Wandel braucht es gezielte Förderung, Offenheit für neue Zielgruppen und Mut zur Veränderung.
Der neue Studienbericht liefert dafür nicht nur eine Bestandsaufnahme, sondern auch klare Handlungsimpulse. Wer heute Ehrenamt stärkt, baut das Fundament für Sicherheit und Zusammenhalt von morgen.