Mit der Warnung der Bevölkerung fängt die Krisenkommunikation erst an!

Wer am Dienstagabend um 21:24 Uhr im Raum Wiesbaden über Warn-Apps und Cell Broadcast vor einer „extremen Gefahr“ durch einen Gefahrstoffaustritt im Stadtteil Mainz-Kostheim gewarnt wurde, wartete lange vergeblich auf weitere Informationen. 

In der Warnung wurde auf die Website der Feuerwehr verwiesen, auf der allerdings erst gegen 03:20 Uhr in der Nacht eine Pressemitteilung mit weiteren Informationen zu lesen war. Wer sich in die Sidebar verirrte, entdeckte nur den unscheinbaren Link zur NINA-Warnung. Lediglich auf X, dem ehemaligen Twitter, wurden zeitnah weitere Informationen gepostet – die allerdings nur einen kleinen Nutzerkreis erreichten. Auch das Fernsehprogramm des Hessischen Rundfunks lief unbeeindruckt und ohne Hinweis auf die Gefahr weiter – obwohl Rundfunk und Fernsehen bei dieser Gefahrenstufe verpflichtet sind, das Programm zu unterbrechen.

Das Ereignis macht deutlich, dass die Warnung nur der erste Schritt in der Krisenkommunikation sein kann. Danach beginnt für die Kommunikationsverantwortlichen die eigentliche Arbeit. Dann gilt es, nach den Grundsätzen der Krisenkommunikation sehr schnell weitere Informationen über etablierte Kommunikationskanäle bereitzustellen…

  • Schnelligkeit (aktiv und frühzeitig)
  • Wahrhaftigkeit (sachlich, transparent und wahr)
  • Verständlichkeit (kurz, einfach, unkompliziert, bildhaft)
  • Konsistenz (einheitlich, koordiniert und kontinuierlich)

Krisenkommunikation ist ein bedeutender Teil des Krisenmanagements! Sie kann aber nur mit den personellen und materiellen Ressourcen geleistet werden, die bei einem solchen Großeinsatz naturgemäß immer knapp sind. Gerade deshalb ist diese Aufgabe nur mit entsprechender Vorplanung und Struktur zu bewältigen. Und: Das Thema kann für jede Kommune an einem Montagabend um 21:30 Uhr akut und relevant werden.

Aber auch die Warnung kam nicht bei allen Bewohnerinnen und Bewohnern an. „Unterschiedliche Sirenentöne, Wetterleuchten und Smartphonewarnung – der Großeinsatz bei Essity sorgte für Aufruhr. Andere bekamen gar nichts mit“, so der Wiesbadener Kurier.

Die Tatsache, dass zahlreiche Anwohner nicht oder nur unzureichend gewarnt wurden, sollte Behörden und dem Papierhersteller deshalb zu denken geben. Nicht jeder Anwohner besitzt ein Smartphone oder hat es ständig in hörbarer Nähe. Die Kritik der Kostheimer, dass es keine Lautsprecherdurchsage gab, ist berechtigt. Man kann nur hoffen, dass die zuständigen Behörden bei einer echten Katastrophe anders reagieren würden. Doch auch die Bürger müssen in Zukunft das Aufheulen der Sirenen wieder ernster nehmen.

Robin Eisenmann, Wiesbadener Kurier

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