Am 29. April 2025 veröffentlichte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die Ergebnisse seiner Umfrage zum Bundesweiten Warntag 2024. Die Zahlen klingen auf den ersten Blick beeindruckend:
- 97 % der Teilnehmenden gaben an, die Probewarnung erhalten zu haben.
- 73 % wurden über Cell Broadcast informiert,
- 59 % über Warn-Apps,
- 59 % nahmen Sirenensignale wahr.
- 79 % erhielten die Warnung über mehrere Kanäle.
- 98 % halten regelmäßige Tests für wichtig.
Diese Ergebnisse lassen auf eine beachtliche Reichweite und ein breites Bewusstsein für das nationale Warnsystem schließen. Doch wie belastbar sind diese Aussagen?
Verzerrte Teilnahme: Wer antwortet – und wer nicht?
Die Umfrage basiert auf 162.685 online eingegangenen Fragebögen – eine hohe Zahl, aber nicht automatisch repräsentativ. Denn: An einer solchen Online-Befragung nehmen mit hoher Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich viele Menschen teil, die eine Warnung erhalten haben. Wer die Probewarnung nicht bemerkt oder gar nicht erhalten hat, wird oft gar nicht wissen, dass es eine Umfrage gibt – geschweige denn teilnehmen.
Das führt zu einem systematischen Ausschluss genau jener Gruppe, die für die Wirksamkeit des Warnsystems besonders relevant ist: Menschen, die nicht erreicht wurden. Ihre Erfahrungen – oder besser: ihr Schweigen – fließen nicht in die Statistik ein. Dadurch entsteht ein positiveres Bild, als es die reale Reichweite vielleicht rechtfertigt.
Vertrauen in das Warnsystem: Eine offene Flanke
Das BBK berichtet, dass rund zwei Drittel der Befragten dem nationalen Warnsystem vertrauen. Heißt im Umkehrschluss: Ein Drittel tut das nicht. In Krisensituationen, in denen schnelles Handeln auf Grundlage offizieller Informationen erforderlich ist, ist diese Lücke bedenklich. Leider sagt die Pressemitteilung nichts darüber, warum dieses Misstrauen besteht – auch hier wären vertiefende Untersuchungen notwendig.
Unterschiedliche Wirkung je nach Kanal
Cell Broadcast bleibt der stärkste Warnkanal, gefolgt von Apps und Sirenen. Positiv ist der gestiegene Anteil an Menschen, die über mehrere Wege gleichzeitig gewarnt wurden. Aber: Welche Regionen profitieren besonders von welchem Kanal – und wo gibt es systematische Lücken? Auch dazu liefert die Pressemitteilung keine Details.
Fazit
Die Zahlen zum Bundesweiten Warntag 2024 vermitteln Fortschritte im Bevölkerungswarnsystem – aber sie sollten nicht unkritisch als Erfolgsmeldung gelesen werden. Die methodische Verzerrung der Umfrage, das fehlende Bild der „nicht Erreichten“ und die unbeantwortete Vertrauensfrage zeigen: Es bleibt viel zu tun. Warnsysteme müssen nicht nur technisch funktionieren, sondern auch alle erreichen – und Vertrauen schaffen.
Weitere Infos und die Originalmeldung des BBK: