Orientierung in der Krise: Das Konzept der Kat-L
Ein flächendeckender Stromausfall zählt zu den Szenarien, die unser modernes Leben empfindlich treffen können. Kommunikationskanäle fallen aus, kritische Infrastrukturen geraten ins Wanken – und mit ihnen auch die Möglichkeit, Menschen rechtzeitig zu informieren oder zu helfen. Um auf solche Lagen vorbereitet zu sein, wurde das Konzept der Katastrophenschutz-Leuchttürme entwickelt.
Ziel dieser Einrichtungen ist es, zentrale Anlaufstellen für die Bevölkerung zu schaffen – Orte, an denen im Krisenfall Informationen, Hilfe und Orientierung geboten werden. Neben der Weitergabe von Warnungen und der Möglichkeit, selbst Notrufe abzusetzen, bieten KatLeuchttürme auch grundlegende Versorgungsangebote wie Erste Hilfe, Verpflegung oder Lademöglichkeiten für Kleingeräte.
Vielfalt statt Einheit: Umsetzung in der Praxis
Eine aktuelle Studie im Auftrag des BBK zeigt jedoch: Die Umsetzung in der Fläche ist bislang höchst uneinheitlich. Zwischen Bundesländern – und teils auch innerhalb einzelner Kreise – variieren Ausstattung, Aufgabenprofil, Bezeichnung und organisatorische Einbindung der KatLeuchttürme erheblich. Gründe hierfür sind fehlende rechtliche Vorgaben, unterschiedliche Ressourcenlagen und lokal angepasste Bedarfe.
Während einige Kommunen konsequent auf Feuerwehrhäuser und ehrenamtliche Kräfte setzen, bevorzugen andere Verwaltungsgebäude mit hauptamtlicher Besetzung. Diese Vielfalt kann lokal sinnvoll sein – stellt jedoch auch eine Herausforderung dar, wenn es um bundesweit verständliche Strukturen und einheitliche Symbolik in der Warnung geht.
Praxisbeispiel: Landkreis Teltow-Fläming (Brandenburg)
Im Landkreis Teltow-Fläming wurde das Konzept der KatLeuchttürme mit Mitteln des Landes umgesetzt. Hier entstanden über 30 Leuchttürme in verschiedenen Kommunen. Besonders bemerkenswert: Bereits in der Planungsphase wurden örtliche Hilfsorganisationen, Feuerwehren und Seniorenbeiräte aktiv eingebunden.
„Der Leuchtturm in unserer Gemeinde ist nicht nur Technik – er ist Treffpunkt, Ort des Austauschs und Symbol für Gemeinschaft.“
Martina Lehmann, Koordinatorin Katastrophenschutz in der Kreisverwaltung
Neben Informationsmaterialien wurden auch regelmäßige Informationsnachmittage für Bürger:innen angeboten, um frühzeitig Vertrauen und Beteiligung aufzubauen.
Warnung neu denken: Die Rolle der Kat-L im Warnsystem
Die Integration der KatLeuchttürme in die Warnarchitektur ist ein zentrales Anliegen der Studie wie auch der BBK-Initiativen. Denn Warnung funktioniert nicht allein über Apps und Sirenen – sie ist ein sozialer Prozess, der Vertrauen, Verständlichkeit und Dialog voraussetzt.
Leuchttürme können dabei lokale Brücken zwischen Behörden und Bevölkerung schlagen: durch sichtbare Präsenz im Alltag, durch partizipative Ansätze wie Katastrophenschutz-Informationspunkte, die dauerhaft in Quartieren verankert sind, und durch eine Kommunikation auf Augenhöhe.
„Warnung ist kein Knopfdruck. Sie braucht soziale Infrastruktur und muss in den Alltag integriert sein.“
Prof. Dr. Gesine Hofinger, Mitautorin der BBK-Studie
Herausforderungen: Personal, Finanzierung, Kommunikation
Als besonders hinderlich nennen viele Kommunen den Fachkräftemangel, unsichere Finanzierungsmodelle und unklare rechtliche Rahmenbedingungen. Zwar gibt es in einzelnen Ländern (z. B. Brandenburg oder Baden-Württemberg) bereits Förderprogramme oder Rahmenempfehlungen, doch bundesweit fehlt eine koordinierte Strategie.
Hinzu kommt, dass die Einbindung der Bevölkerung noch immer kaum erfolgt. Dabei könnte gerade sie – durch Eigenvorsorge, Mitwirkung und soziale Netzwerke – einen erheblichen Beitrag zur Resilienz leisten. Hier besteht Nachholbedarf in Sachen Kommunikation, Schulung und Beteiligung.
„Die Bevölkerung ist kein Risikofaktor, sondern ein wertvoller Partner in der Lagebewältigung.“
Dr. Frauke Fried, Krisenforscherin und Mitautorin der Studie
Empfehlungen: Was jetzt zu tun ist
Die BBK-Studie gibt eine Vielzahl praxisnaher Empfehlungen, etwa:
- KatLeuchttürme mit modularen Konzepten flexibel und bedarfsgerecht planen,
- Piktogramme und einheitliche Logos bundesweit einführen,
- Bevölkerung frühzeitig einbinden – nicht nur im Ernstfall, sondern auch in der Planung,
- Schulungen für spontan Helfende und KatLeuchtturm-Koordinator:innen etablieren,
- KatLeuchttürme systematisch in lokale Warnkonzepte integrieren.
Resiliente Orte für resiliente Gesellschaften
Katastrophenschutz-Leuchttürme sind mehr als Technikstandorte mit Notstrom – sie können zu sozialen Ankern im Krisenfall werden, wenn sie mit Leben gefüllt werden. Ihr Erfolg hängt maßgeblich davon ab, ob es gelingt, sie nachhaltig zu verankern, bürgernah zu gestalten und als Teil eines integrierten Warnsystems zu denken.
Nicht zuletzt erinnern sie uns daran: Eine starke Zivilgesellschaft beginnt nicht erst in der Katastrophe – sondern mit der Beteiligung an ihrer Vorbereitung.