Desinformation, Misstrauen, Stimmungsmache – eine Gefahr für den Bevölkerungsschutz

Feuerwehren, Hilfsorganisationen und Katastrophenschutzeinheiten geraten zunehmend in die Schusslinie pauschaler Kritik – nicht wegen konkreter Fehler, sondern systematisch. In den Kommentarspalten sozialer Medien wiederholen sich Aussagen, die weniger der sachlichen Auseinandersetzung dienen, sondern vielmehr Vertrauen zerstören sollen. Ein neues Phänomen? Nein – aber eines mit System.

Kritik als Methode – eine gefährliche Strategie

Wer regelmäßig Einsatzberichte verfolgt, dem fällt es auf: Die Zahl und Tonlage der Kritiker steigt. Kommentare wie „die haben keine Ahnung“ oder „alles wie im Ahrtal“ erscheinen immer öfter – oft in nahezu gleichem Wortlaut, aber aus verschiedenen Profilen. Das Muster ist deutlich: Es geht nicht um konstruktive Kritik, sondern um gezielte Stimmungsmache.

„Das ist kein Störgeräusch am Rande – es ist Methode.“
(Yaşar Jascha Terzioğlu)

„Mal subtil, mal radikal – das Ziel ist die Delegitimierung von Staat und demokratischen Strukturen.“
(David Micha)

Diese Form der „Kritik“ dient dazu, das Vertrauen in das Gemeinwesen, in Einsatzkräfte und in demokratische Institutionen zu erschüttern. Und sie funktioniert – wie die politische Entwicklung im In- und Ausland zeigt.

Delegitimierung als verfassungsrelevantes Problem

Die Mechanismen sind bekannt: Wiederholte Behauptungen, Überzeichnung von Einzelfällen, gezielte Angriffe auf staatliche Repräsentanten. Die Delegitimierung erfolgt nicht direkt, sondern durch Zweifel, Misstrauen und Verächtlichmachung – strategisch gestreut über soziale Medien.

„Im Bereich Feuerwehr / Katastrophenschutz ist es noch ruhig – aber das Ergebnis ist dasselbe: Frust, Wut, Angst, Unzufriedenheit.“
(David Micha)

🔍 Verfassungsschutzbericht 2024: Ziel ist Vertrauensverlust

Der Verfassungsschutzbericht 2024 widmet dem Phänomen ein eigenes Kapitel. Dort heißt es:

Die im Bereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ relevanten Akteure zielen darauf ab, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Kraft zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen zu beeinträchtigen. Sie machen demokratische Entscheidungsprozesse und Institutionen verächtlich oder rufen dazu auf, behördliche oder gerichtliche Anordnungen und Entscheidungen zu ignorieren. Diese Form der Delegitimierung erfolgt oft nicht über eine offene Ablehnung der Demokratie als solche, sondern über eine ständige Verächtlichmachung von und Agitation gegen demokratisch legitimierte Repräsentantinnen und Repräsentanten sowie Institutionen des Staates. Dieses Vorgehen geht weit über die rechtlich zulässige Kritik an Politik und Staat hinaus. Es untergräbt vielmehr die demokratische Ordnung, indem es das Vertrauen in das staatliche System insgesamt erschüttert und so dessen Funktionsfähigkeit gefährdet.

Feuerwehren und Rettungsdienste werden im Bericht nicht explizit als Zielgruppen benannt. Doch: Sie sind Teil staatlicher Strukturen, treten öffentlich in Erscheinung und sind in Krisen besonders sichtbar. Damit werden sie in der Logik der Delegitimierer automatisch zu Projektionsflächen. Zwar nennt der Bericht in erster Linie politische Repräsentanten und Verwaltungsorgane, doch das Muster trifft auf Einsatzkräfte im erweiterten Sinne ebenso zu – insbesondere in Krisenlagen wie Hochwasser, Blackouts oder Extremwetter.

Was hilft? Aufklärung, Einfachheit – und Haltung

Ein Kommentar bringt es praxisnah auf den Punkt:

„Vielleicht würde mehr Aufklärung helfen: Wie funktioniert Feuerwehr und Katastrophenschutz? Wer wird wann wohin geschickt?“
(Stefan Deling)

Technik, Taktik, Zuständigkeiten – all das ist vielen Menschen nicht mehr bekannt. Hier kann „Kommunikation in einfacher Sprache“ helfen, wie Stefan Deling es fordert. Und: Auch das Ehrenamt sichtbar machen – nicht nur als Schlagzeile, sondern als erklärende Geschichte.

Ebenso wichtig: Bildung und politische Aufklärung.

„Diesem Problem wird man nur Herr durch Bildung und Aufklärung.“
(David Micha)

Warum Krisenkommunikation kein Luxus ist

Krisenkommunikation ist heute nicht mehr Kür, sondern Pflicht – ob für eine kleine Freiwillige Feuerwehr oder eine große Berufsfeuerwehr. Sie schützt Vertrauen, schafft Sichtbarkeit und wirkt Desinformation entgegen.

Sie bedeutet:

  • schnell, faktenbasiert und transparent informieren
  • langfristig Beziehungen zur Bevölkerung pflegen
  • Vertrauen aufbauen – nicht nur im Ereignisfall

Ein Plädoyer für mehr Zusammenhalt

„Insgesamt hat das Vertrauen der Menschen in die Problemlösungskompetenz der Politik schon seit vielen Jahren nachgelassen. Dies liegt nicht zuletzt auch an der permanenten Berichterstattung über Dinge, die angeblich oder tatsächlich nicht funktionieren. Es wird zu wenig der Erfolg gefeiert und auch darüber berichtet und zu viel und in jeder Hinsicht gemeckert und kritisiert.

Unsere Gesellschaft ist zunehmend durch partikulare Interessen geleitet, das sollten wir ändern. Nach wie vor ist das Leben in Deutschland für 95 % der Menschen ein gutes Leben. Wir leben in Sicherheit, haben eine zwar teure, aber gute Gesundheitsversorgung, ein stabiles, demokratisches System und viele Freiheiten. Weltweit ist dies keine Selbstverständlichkeit und sollte eher Dankbarkeit auslösen und Mut machen.“
(Arno Brandscheid)

Dankbarkeit, demokratische Selbstverständlichkeit, Sicherheitsgefühl – all das darf nicht selbstverständlich erscheinen. Wer in der Gefahrenabwehr arbeitet, verdient Respekt und Unterstützung. Und: junge Menschen sollten motiviert werden, sich (kommunal)politisch zu engagieren, nicht nur zu kommentieren.

Kommunikation ist Teil der Gefahrenabwehr

Wer meint, man müsse „die Kritiker einfach ignorieren“, verkennt die Wirkung strategischer Desinformation. Vertrauen ist ein entscheidender Faktor für Resilienz – in der Bevölkerung, aber auch in der Einsatzorganisation selbst. Darum gilt: Öffentlichkeitsarbeit ist keine Nebensache, sondern Teil moderner Gefahrenabwehr.

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