„Situation bei X/Twitter eine Vollkatastrophe“

Wer Twitter aktiv bespielt, unterstützt die Plattform eines Rechtspopulisten & Serienlügners!

Sascha Pallenberg, Techblogger und Berater

Lesebeschränkungen, extremistische Meinungen, geringe Reichweite – Seit der Übernahme durch Elon Musk befindet sich Twitter aka X im Sinkflug. „Seit Elon Musk bei Twitter das Steuer übernommen hat, ist das Netzwerk kein zuverlässiger Kommunikationsweg mehr“, erläuterte Landtagspräsident Hendrik Hering den Schritt des rheinland-pfälzischen Landtags künftig nicht mehr über die Plattform – die heute X heißt – publizieren zu wollen.

Eigentümer Musk habe in der Vergangenheit vorübergehend die Öffentlichkeit des Netzwerks eingeschränkt sowie die Zahl anschaubarer Inhalte pro Tag begrenzt. Kritische Journalist:innen seien zeitweise gesperrt worden, Forscher:innen, die über die Zunahme von Hassbotschaften aus Twitter/X berichteten, mit Klagen bedroht.

Die Moderation von Inhalten, die etwa den Nationalsozialismus verherrlichten, finde kaum noch statt.

In Hinblick auf die Demokratie sei besonders problematisch, dass Twitter unter Musk im Vorfeld von Wahlen den Zugriff auf einzelne Accounts und deren Inhalte beschränkt hatte, nachdem dies von der dortigen Regierung gefordert worden war. Dies seien nur ein paar Beispiele aus der inzwischen zu langen Liste an Problemen.

Zugleich nehme auch die Reichweite und somit auch die Bedeutung der Plattform ab. Insgesamt sei auf X eine sinnvolle Kommunikation daher nicht mehr sichergestellt.

Landtag Rheinland-Pfalz

Auch der Bevölkerungsschutz bleibt davon nicht verschont: „Polizei und Feuerwehr nutzen Twitter gerade bei Großschadens- und Katastrophenlagen sehr intensiv. Durch den Umbau von Twitter gibt es Einschränkungen und damit Probleme, die Bevölkerung zu warnen und zu informieren“, sagt Lydia Jakobi, MDR AKTUELL.

„Gerade im Bereich der Behördenkommunikation gilt: Wir müssen Plattformen nutzen, auf denen unsere Bürger*innen schon sind! Nur so erreichen wir unsere Zielgruppen und führen keine „Selbstgespräche“. Der gestrige Abend hat aber auch gezeigt: Im Notfall dürfen wir uns nicht auf Plattformen verlassen, deren Entwicklung wir selbst nicht in der Hand haben“, sagt Nina Wrage auf LinkedIn. Sie nimmt dabei Bezug auf eine Bombenentschärfung in Hamburg.

„Am 5. Juli setzt die Feuerwehr Hamburg einen empörten Tweet ab. Man entschärfe gerade eine Fliegerbombe und Twitter melde, man habe das Zugriffslimit erreicht. Die Social-Media-Redakteure konnten nicht mehr sehen, was Menschen im Umfeld der Bombenentschärfung erlebten und schrieben“, so der MDR.

Doch was ist die Alternative?

Michael Klahre, Pressesprecher der Feuerwehr Dresden: „Gleichwohl ist es nach wie vor ein wichtiges Medium, das wir bedienen und wir nutzen es weiterhin. Aber wir haben schon geschaut: Gibt es eventuell Alternativen? Wie können wir unsere Krisenkommunikation noch breiter aufstellen als nur auf Twitter, anderen Social-Media-Kanälen und unserer Webseite? Wir finden es sehr schade, dass es diese Entwicklung gerade nimmt.“

Social-Media-Berater Andreas Szabo rät: „Man sollte sich gerade bei solchen Lagen wie einer Bombenentschärfung, einem Großbrand, einer Amoklage, nie auf ein Netzwerk verlassen. Man könne zum Beispiel überlegen, so Szabo, ob man Mobilfunk-Warnsysteme weiterentwickelt oder Menschen zusätzlich über Messengerdienste wie WhatsApp informiert.“

Behörden sollten nun aktiv Alternativen aufbauen:
– eigene Live-Ticker auf Website (eventuell auch via Messenger wie WhatsApp oder Telegram)
– Newsletter
– Push-Funktionen in städtischen Apps oder via Nina

Im Social Media-Bereich ist es aufgrund der Abschottungs-Politik zur Zeit schwierig, glasklare Empfehlungen auszusprechen:
– Facebook gehört sicherlich weiter dazu, nach wie vor größtes Netzwerk
– auch bei Instagram können große Teile erreicht werden
– Threads könnte Alternative werden

YouTube und TikTok können sicherlich ergänzend genutzt werden. Allerdings ist Video aufwändig, zudem fehlt mir hier eine wirkliches chronologische Funktion, die hier Echtzeit-Berichterstattung sinnvoll umsetzbar machen lassen würde.

Andreas Szabo, Social-Media-Berater

„Mit einer Warn-App wie NINA (vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) sind wir auf dem richtigen Weg – allerdings benötigen wir als Kommunikator*innen in Notfall-Situationen die Möglichkeit, sekündlich zu kommunizieren. Und uns müssen Fragen sowie Stimmungen aus der Bevölkerung auf einfachem Wege erreichen können, damit wir auch darauf reagieren können“, so Nina Wrage.

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