Offensive Notfallkommunikation der Feuerwehr Dresden: Falschmeldungen entgegenwirken und Leitstelle entlasten

Großbrand in Dresden am 24. Juni 2022: Gegen 21.30 Uhr geriet eine große Fabrikhalle in Brand. Als die Feuerwehr eintraf, war zunächst nur Rauch im Dachbereich der Halle zu sehen. In der Halle wurde Recyclingmüll gelagert, außerdem befanden sich Proberäume für Musiker und kleine Werkstätten in dem Gebäude. Nach kurzer Zeit entwickelte sich ein Vollbrand. Das Feuer erfasste große Teile der Halle. Das Dach stürzte großflächig ein. Immer wieder kam es zu Explosionen in der Halle. Die über 100 Feuerwehrleute konnten den Brand nur im Außenangriff bekämpfen. Da nicht genügend Hydranten zur Verfügung standen, musste das Löschwasser über lange Wegstrecken und mit Tanklöschfahrzeugen im Pendelverkehr herangeschafft werden.

Michael Klahre, Sachgebietsleiter Öffentlichkeitsarbeit und Berichtswesen bei der Feuerwehr Dresden, begleitete den Einsatz als Pressesprecher…

Durch die offensive Notfallkommunikationsstrategie konnten wir viele Anrufe und Nachfragen aus der Leitstelle raushalten sowie Falschmeldungen entgegenwirken. […] Ohne das Social Web ist eine moderne und zielgruppenorientierte Krisen- und Notfallkommunikation derzeit nicht möglich. Gleichwohl gibt es auch Menschen, die wir über andere Kanäle erreichen müssen.

Michael Klahre

Wie ist die Pressearbeit der Feuerwehr Dresden organisiert?

Michael Klahre, Sachgebietsleiter Öffentlichkeitsarbeit und Berichtswesen bei der Feuerwehr Dresden, begleitete den Einsatz als Pressesprecher. Foto: Feuerwehr Dresden

Michael Klahre: Wir führen bei der Feuerwehr Dresden eine strukturierte Pressearbeit an der Einsatzstelle durch. Dazu begibt sich eine Kollegin bzw. ein Kollege der Pressestelle zum Ereignisort, sammelt alle wichtigen Informationen und nimmt dann zunächst Kontakt zur Stabsstelle Kommunikation der Polizeidirektion Dresden auf. Nachdem wir uns abgeglichen haben, erfolgt via Social-Media eine Erstinfo, welche in der Regel durch die lokalen Medienhäuser in die eigene Berichterstattung aufgenommen wird. Im Anschluss stehen wir dann vor Ort für Interviewanfragen von Journalisten oder Fragen der Bevölkerung zur Verfügung. Parallel dazu erfolgt das Monitoring des Social Webs, um auf Fake-News, Fragen oder Kommentare zeitnah reagieren zu können. Je nach Art und Größe des Ereignis werden eine oder mehrere Pressemitteilungen verfasst. Das Team der Pressestelle steht zu den Bürozeiten jederzeit zur Verfügung. Am Wochenende, Nachts oder an Feiertagen übernimmt der Direktionsdienst diese Aufgaben, allerdings nicht in derselben Qualität. Wir haben keine Rufbereitschaft, allerdings sind unsere Rufnummer dem Direktionsdienst bekannt und wenn er uns erreicht und wir es zeitlich einrichten können, übernehmen wir die notwendige Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. 

Wie lief der Einsatz für Dich als Pressesprecher ab?

Michael Klahre: Ich hatte eine stressige Arbeitswoche hinter mir und zum Zeitpunkt des Brandausbruchs (Freitagnacht) bereits geschlafen. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich etwa 50 unbeantwortete Anrufe auf meinem Telefon und da war mir schon klar, dass etwas passiert sein musste. Ich nahm Kontakt zur Integrierten Regionalleitstelle auf und verschaffte mir einen Überblick. Dann erhielt ich einen Anruf, dass sich in Kürze der Oberbürgermeister an der Einsatzstelle über den Fortschritt der Einsatzmaßnahmen informieren will und so machte ich mich auf den Weg zur Einsatzstelle. Von da an arbeitete ich alle Aufgaben ab. Dazu gehörten unter anderem:

  • Interviews  an die regionalen und überregionalen Medienhäuser
  • Monitoring Social Web
  • Bespielung der städtischen Webseite
  • Organisation eines Hintergrunddienstes für das Monitoring und die Pflege der Webseite
  • Kommunikation zur Stabsstelle Kommunikation der Polizeidirektion Dresden und zum Presseamt

Was habt Ihr vor Ort und im Hintergrund gemacht? Wie habt Ihr Euch organisiert und aufgeteilt?

Michael Klahre: Zwei Kollegen waren im Home-Office und führten das Monitoring im Social Web sowie Bespielung der Internetseite durch. Durch Schichtdienst und Urlaubszeit waren unsere Ressourcen sehr begrenzt. Da es keine stabsmäßige Führung gab, haben wir die Pressearbeit ausschließlich an der Einsatzstelle koordiniert und durchgeführt.

Welche Ausrüstung und Hilfsmittel stehen Euch zur Verfügung?

Michael Klahre: Zum Transfer nutzen wir einen Kommandowagen, welcher als Reservefahrzeug für den Direktionsdienst vorgehalten wird. Mit dieser Doppelnutzung können wir besonders wirtschaftlich die notwendigen Wege zurücklegen. Für die Pressearbeit an der Einsatzstelle stehen uns neben einem Diensttelefon (Smartphone), ein Dienstlaptop , eine Vollformatkamera mit Stativ, Beleuchtung, drahtloses Mikrofon sowie eine Schreibmappe, Powerbank und ein Digitalfunkgerät zur Verfügung.

Welchen Einfluss hat die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auf den eigentlichen Einsatz?

Michael Klahre: Durch die offensive Notfallkommunikationsstrategie konnten wir viele Anrufe und Nachfragen aus der Leitstelle raushalten sowie Falschmeldungen entgegenwirken. Kurz bevor ich am Abend des 25. Juni zu Bett ging schaute ich nochmal bei Instagram rein und las eine Story, in der verkündet wurde, dass am Sonntagmorgen um 9 Uhr alle Musikerinnen und Musiker in ihre Probenräume könnten und sich einfach bei der Einsatzleitung melden sollten. Das entsprach natürlich nicht der Wahrheit, denn die Löscharbeiten waren noch in vollem Gange und es bestand Einsturzgefahr. Etwa zwei Stunden hat es dann gedauert, bis ich mit allen Beteiligten gesprochen und im Netz auf diese Falschmeldung aufmerksam gemacht hatte. Mit Erfolg – am nächsten Morgen waren nur eine Handvoll Leute gekommen, denen wir den Sachverhält erklärt und sie wieder Heim geschickt hatten.

Durch die permanente Anwesenheit eines Ansprechpartners vor Ort bauten wir das ausgesprochen gute Verhältnis zur lokalen Presse weiter aus und vermittelten außerdem das Gefühl, dass wir sie ernst nehmen und ihre Fragen uns wichtig sind. Das Ereignis fiel in den Wahlkampf um die Oberbürgermeisterschaft, was außerdem mehrere politische Akteure auf den Plan rief und für uns eine zusätzliche Herausforderung darstelle.

Welche Erfahrungen in Bezug auf die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nimmst Du aus dem Einsatz mit?

Michael Klahre: Ohne das Social Web ist eine moderne und zielgruppenorientierte Krisen- und Notfallkommunikation derzeit nicht möglich. Gleichwohl gibt es auch Menschen, die wir über andere Kanäle erreichen müssen. Hier sind unsere Partner der Medienhäuser unverzichtbar. Ansonsten hat unsere Kommunikationsstrategie funktioniert, auch wenn wir in der Nacht noch nicht sofort reagieren konnten und nicht kommuniziert hatten. Da zu diesem Zeitpunkt allerdings keine Warnung durchgeführt und die meisten Menschen ohnehin schliefen, war das nicht allzu problematisch. Für die Zukunft müssen wir die personellen Ressourcen weiter ausbauen, um auch zu diesen Zeiten sofort reagieren zu können. Dies ist, wie in jeder Stadtverwaltung, kein Prozess der schnell von statten geht.

Titelbild: Roland Halkasch

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert